Glimpses of Flourishing

Eine KI-Foto-Ausstellung über fundierte Hoffnung

Konzept und Inhalt: the flourishing society
Fotos: Tom Poe (Artists for Future), unterstützt durch KI.
Die Ausstellung wurde finanziert durch das EU-Umweltbüro

 

Überblick und weiterführende Artikel

 

Potenzial muss sichtbar sein, um wirken zu können.

Unsere Ausstellung Glimpses of Flourishing behandelt mögliche Zukunftsbilder. “Möglich” deshalb, weil jedes von ihnen auf dem aktuellen Stand der Forschung beruht. Und “Zukunftsbilder” deswegen, weil sie reale Strategien aus den sozialökologischen Krisen aufzeigen.

Im folgenden Text stellen wir die Theorie dahinter vor und erzählen, wie es überhaupt dazu kam.

  1. Die Inhalte der einzelnen Bilder und die Theorie dahinter sind in den Artikeln dazu zu finden. Sie gelangen über die Übersicht oben dorthin.

  2. Theorie: Neue Narrative als Fundament für neue Systeme

  3. Wie es dazu kam: Die entstehung der Ausstellung im Kontext der Beyond Growth Conference Austria 2024

1 | Die Theorie hinter unserer Ausstellung

It matters what stories we tell to tell other stories with; it matters what concepts we think to think other concepts with.
— Donna Haraway

Hitze. Von Feuchtigkeit schwere Luft. Viele Menschen in einem begrenzten Raum, die dort ihre Freizeit verbringen. Entspannen können.

Diese Beschreibung trifft auf zwei Dinge gleichermaßen zu: ein Palmenhaus und eine Sauna. Dennoch werden diese beiden Räume auf sehr unterschiedliche Weisen genutzt. Ich habe noch nie jemanden nur mit einem Handtuch bekleidet im Palmenhaus gesehen. Wenn wir jeden dieser Räume betreten, haben wir bereits im Geist präsent, was dort akzeptabel ist und was nicht, denn wir haben darüber gelernt (in der Psychologie präskriptive Normen genannt). Außerdem orientieren wir uns an den anderen, die wir dort sehen (deskriptive Normen). Daraus entsteht ein Kreislauf, in dem sich bestimmtes Verhalten normalisiert.

Innerhalb dieses Sets an akzeptablem Verhalten wählen wir dann unsere eigenen Handlungen aus. Wir tun dies, um uns bestimmte Bedürfnisse zu erfüllen (wie etwa Erholung, Spaß, das Ausleben von Neugierde usw.). Wir wählen also unser Verhalten u. a. basierend auf:

  • Den Normen, die wir gelernt und verinnerlicht haben,

  • Dem Verhalten der Menschen um uns herum und

  • Dem Raum, in dem wir uns befinden (und in dem sich bestimmte Normen ausdrücken).

Der Punkt hierbei ist, dass wir auf Basis unserer Grundannahmen bzw. Narrative handeln. Wir verwenden hier zwei Begriffe für die gleiche Sache auf verschiedenen Ebenen: Grundannahmen für die individuelle und Narrative für die gesellschaftliche Ebene (Abb. 1).

Wir handeln also auf Basis dessen, was wir kennen, was wir uns vorstellen können und wovon wir glauben, dass es hier die Normalität ist. Und meistens ist und das nicht einmal bewusst.

Abb. 1: Grundannahmen und Narrative (Grafik: the flourishing society)

The shared idea in the minds of society, the great unstated assumptions—unstated because unnecessary to state; everyone knows them—constitute that society’s deepest set of beliefs about how the world works.
— Meadows, D. (1997) p. 11

In ihren viel zitierten Arbeiten beschreibt Meadows, wie verschiedene Aspekte eines Systems dieses stützen, und wie sie zu seiner Veränderung beitragen können. Die tiefste Eben ist die, über die wir gerade reden: Die Einstellungen, Paradigmen, Grundannahmen bzw. Narrative, die in einer Gesellschaft vorherrschen.

Auch der internationale Wissenschaftsrat hat dieses Framework in einer programmatischen Publikation aus dem Jahr 2011 aufgegriffen (Abb. 2). Man erkennt, dass diese Narrative die Grundlage des ganzen Systems bilden, das es stabilisiert und aus dem es entsteht.

Abb. 2. Die Ebene der Veränderung in einer Gesellschaft. Angepasst aus: International Science Council (2021). Unleashing Science: Delivering Missions for Sustainability, Paris, France. International Science Council. DOI: 10.24948/2021.04. p. 30

Dies wird auch in der psychologischen „Theorie des geplanten Verhaltens“ beschrieben. Demnach spielen drei Faktoren dabei eine Rolle, wie wir unser Verhalten wählen (Abb. 3). Diese lassen sich lose mit verschiedenen Ebenen im Framework von Meadows verbinden: Einstellung (entspricht den eigenen Grundannahmen und Narrative über etwas), subjektive Norm (was man im eigenen Umfeld beobachtet und für normal hält; wie also andere ein Narrativ leben und umsetzen) und wahrgenommen Verhaltenskontrolle (wie schwer oder leicht man glaubt, dass eine Handlung umzusetzen ist – dies entspricht grob den strukturellen Bedingungen, die durch bestimmte Narrative entstehen). Wenn man glaubt, dass etwas Bestimmtes zu tun, eine gute Idee ist, wenn die Menschen um einen herum das auch glauben und wenn man davon ausgeht, diese Handlung auch umsetzen zu können, wird man das wohl tun.

Abb. 3. Das Modell der Theorie des Geplanten Verhaltens von Ajzen (2002).

All das unterstreicht die Bedeutung der Narrative, die uns umgeben, wenn es darum geht, was wir tun, welche Beziehungen sich in einer Gesellschaft bilden, welche Machtstrukturen es gibt und schließlich, welche Politik umgesetzt wird. Es geht also darum, was wir für möglich halten, bevor wir überhaupt über etwas nachdenken.

Oft machen uns pessimistische Narrative blind für das enorme Potenzial für eine aufblühende Gesellschaft.

In Bezug auf die Klimakrise werden mit Hochdruck Lösungen gesucht, oder mit Hochdruck der Anschein erweckt, man würde nach Lösungen suchen, oder mit Hochdruck Lösungen blockiert. Daher ist bisher bei Weitem nicht der Fortschritt zu beobachten, den unsere Zivilisation (und wir in ihr) braucht, um weiterzubestehen. Warum eigentlich? Bei der flourishing society sind wir zum Schluss gelangt, dass es oft an Grundannahmen bzw. Narrativen liegt, die uns glauben machen, dass Transformationen nicht möglich oder nicht erstrebenswert wären, die es eigentlich seien können. Einige solche Grundannahmen / Narrative wurden bereits von Meadows beschrieben:

People who are paid less are worth less. Growth is good. Nature is a stock of resources to be converted to human purposes. Evolution stopped with the emergence of Homo sapiens. One can ‚own‘ land. Those are just a few of the paradigmatic assumptions of our culture, all of which utterly dumbfound people of other cultures.
— Meadows, D., Ebd.

Sehr oft verursachen Narrative wie diese unnötig Schwierigkeiten und Leid. Denn sie lassen uns Lösungen ignorieren, die uns helfen könnten.

Diese Dynamik wird in der Psychologie beschrieben. Ein relevantes Phänomen wird „kognitive Verschanzung“ (Engl. „cognitive entrenchment“) genannt. In gewisser Weise ist sie die dunkle Seite der Expertise. Wenn wir etwas lernen, legen wir im Gehirn Abläufe ab, mit denen wir eine Handlug ausführen oder ein Problem lösen können. 1 + 1 = 2. Das Glas wird aufgehoben und zum Mund geführt. Die Schnürsenkel werden gebunden. Die schnellste Route wird gewählt. Der nächste Schachzug getan. Usw. Das kann uns helfen, mit Herausforderungen schnell und effizient umzugehen. Wenn wir aber plötzlich in einen Bereich kommen, in dem diese Lösungen nicht mehr funktionieren (z. B., wenn wir den Weg aus einem Labyrinth oder aus der Klimakrise finden müssen), kann Folgendes passieren: Wir sind so in unseren gewohnten Wegen verhaftet, dass uns die Lösungen, die möglich wären (und die Kinder vielleicht sofort sehen würden), gar nicht einfallen. Und so kommen wir nicht weiter.

In der Klimakrise kommt es nun darauf an, dass wir Lösungen finden, die uns ein Weiterbestehen in einer lebenswerten Welt ermöglichen. Dabei ist Erkenntnis besonders wichtig. In der Psychologie wird sie definiert als „das klare und oft plötzliche Erkennen einer Lösung für ein Problem mit Mitteln, die nicht offensichtlich sind und es vielleicht nie werden, auch wenn man sich bemüht hat, herauszufinden, wie man zu der Lösung gekommen ist.“ (APA Dictionary of Psychology 2018). Durch diese Erkenntnis kann man ein Problem auf eine neue Art wahrnehmen, die dann Lösungen sichtbar macht.

Das größte Hindernis dabei ist meist kognitive Verschanzung. Kombiniert mit dem unhinterfragten Annehmen und Verbreiten von Narrativen führt uns das in einen Zustand, in dem wir zwar nach Lösungen suchen, aber die Wege ignorieren, die zu ihnen führen würden. Dann scheinen uns Lösungen unmöglich oder so unangenehm, dass wir sie nicht als erstrebenswert erachten. Das führt erst zu kognitiver Dissonanz, und dann zur Verdrängung oder Abwertung der Quellen von Klima-Informationen. Das Ergebnis: Gesellschaftliches Nichthandeln. So machen uns pessimistische Narrative blind für das enorme Potenzial für eine aufblühende Gesellschaft – und, tatsächlich, den Fortbestand unserer Zivilisation.

Doch dieses Potenzial existiert. Um das zu zeigen, haben wir die Ausstellung “Glimses of Flourishing” entwickelt.

Durch diese Bilder zeigen wir, dass schöne Zukünfte möglich sind.

  1. Klimaschutz ist kein Verzicht, sondern eine Möglichkeit, unsere Bedürfnisse besser zu erfüllen – denn viele davon sind nicht materiell und nicht an Weltzerstörung gebunden.

  2. Menschen sind prosozial bis altuistisch veranlagt, wenn die (politischen) Bedingungen es erlauben.

  3. Es gibt Wege, dieses positive Potenzial zu stärken – ein mittlerweile gut erforschter ist Achtsamkeit.

  4. Ein zentrales menschliches Bedürfnis ist soziale Verbindung. Dies zu stärken hilft uns selbst, unseren Gesellschaften und (da nicht an Ausbeutung gekoppelt) den Ökosystemen, die uns tragen.

  5. Menschen haben Freude daran, zu etwas Größeren und zum Wohl anderer beizutragen. Unsere Arbeitswelt auf dieses Fundament zu stellen, kann dazu beitragen, den Kreislauf aus Wettbewerb, Überproduktion und Überkonsum zu überwinden.

  6. Sich vom Narrativ des egoistischen, nicht vertrauenswürdigen Menschen abzuwenden, ermöglicht Teilhabe an demokratischen Prozessen, die gesellschaftliche Konflikte reduziert und die Transformation erleichtert.

  7. Bewusstsein für unsere Verbundenheit mit dem Ökosystem (in unserem Beispiel durch die Erkenntnis, was fossile Energieträger eigentlich sind) führt zu weltverträglicherem Verhalten und zu mehr Wohlbefinden.

  8. Dieses Bewusstsein fördert vermutlich auch “psychologische Flexibilität”, eine wichtige Komponente von Wohlbefinden: Wir sehen uns nicht mehr als fix und unabhängig, sondern als dynamisch und verbunden.

  9. Was wir derzeit für normal halten, ist nicht gegeben, sondern hat sich entwickelt und ist in Entwicklung begriffen. Zukünftige Generationen können ganz andere Selbstverständlichkeiten haben als wir. Vielleicht wird sie unsere derzeitige Kultur der Ausbeutung auch “utterly dumbfounded” zurücklassen.

Wenn wir all diese Möglichkeiten erkennen, können wir uns aus inneren und äußeren Blockaden lösen und für uns und unsere Nachkommen ein förderlicheres Zusammenleben schaffen. Die Barriere verschwindet. Worauf warten wir?

Klimaschutz ist kein Verzicht, sondern eine Möglichkeit, unsere Bedürfnisse besser zu erfüllen
— The Flourishing Society
 

2 | Entstehung und Ausstellung

Die Flourishing Society beteiligte sich im Mai 2024 bei der Beyond Growth Conference Austria 2024. Dort berieten wir die Organisator*innen dabei, optimistische Narrative in die Programmgestaltung zu integrieren – und bei einem unserer Gespräche entstand die Idee.

Die Beyond Growth Konferenz Österreich 2024 ist ein Kongress nach dem Vorbild des gleichnamigen Events im EU-Parlament in Brüssel. Die Veranstaltung bringt Politiker:innen und Entscheidungsträger:innen, Medienvertreter:innen und Multiplikator:innen zusammen. Gemeinsam mit Sozialpartnerschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Bürger:innen werden wir Wege in einen nachhaltigen Wohlstand erarbeiten.
— Beyond Growth Austria 2024

Wir fragten uns, wie wir zeigen können, dass die Transformation zur Nachhaltigkeit, wenn sie ernst genommen wird, keinen Verzicht bedeutet – sondern für uns alle, die Ökosysteme eingeschlossen, lebenwert sein kann. Darauf aufbauend haben wir im Team von flourishing society, basierend auf unserer wissenschaftlichen Literatur, das oft übersehene Potenzial erarbeitet und hervorgehoben.

Bisher wurde die Ausstellung gezeigt:

  • Bei Tipping Time in St. Pölten

  • Bei der Beyond Growth Conference Austria 2024 in Wien

 
 

Quellen

Ajzen, I. (2002). Perceived behavioral control, self‐efficacy, locus of control, and the theory of planned behavior 1. Journal of Applied Social Psychology, 32(4), 665-683.

Meadows, D. (1997). Places to Intervene in a System. Whole Earth, 91(1), 78–84.

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Mitbringsel vom Stammtisch

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Glimpses of Flourishing: Ausblick auf Rückblick