Glimpses of Flourishing: Energie

Dieser Artikel ist Teil von: “Glimpses of Flourishing – eine Foto-Ausstellung über fundierte Hoffnung” auf der Beyond Growth Conference 2024

Um eine erfolgreiche und nachhaltige Zukunft zu gestalten, ist der erste entscheidende Schritt, sie sich vorzustellen. Oft machen uns pessimistische Narrative blind für das enorme Potenzial einer aufblühenden Gesellschaft. Deshalb haben wir eine Reihe von wissenschaftlich untermauerten, KI-generierten Bildern entwickelt, um neue Narrative sichtbar zu machen - die schließlich zur Basis neuen Handelns werden könnten.

Konzept und Inhalt: the flourishing society
Fotos: Tom Poe (Artists for Future), unterstützt durch KI.
Die Ausstellung wurde finanziert durch das EU-Umweltbüro

 

Ein Bewusstsein dafür, woraus Öl, Gas und Kohle eigentlich bestehen, macht ein weiteres Mal deutlich, wie sehr wir verbunden und abhängig von der Natur sind - selbst in unserem scheinbar davon entkoppelten und entfremdeten Lebensstil.

 

Sonnenenergie…

…trifft auf die Erde, sie nährt Pflanzen und Lebewesen, die Kohlenstoff anreichern. Über mehrere Millionen Jahre verwandelten sich jenes Pflanzenmaterial und Lebewesen in fossile Relikte. Heute verwenden wir diese fossilen Ressourcen, ohne ein Bewusstsein dafür zu haben, was genau wir da in rauen Mengen verbrauchen. 1 Liter Benzin entstand aus rund 25 m3 uralter mariner Lebensformen (das entspricht ungefähr 25 Mülltonnen bzw. bisschen weniger als 20 Fuß ISO-Container fassen können). Um die fossile Energie (also genauer gesagt das biogene Material, das im Laufe der Zeit zu fossilen Rohstoffen wurde) herzustellen, die global gesehen im Jahr 1997 verbraucht wurde, brauchte es 36 Mal so viel Sonnenenergie, wie in einem Jahr auf die Erdoberfläche trifft (Dukes 2003).
Folgendes soll dadurch deutlich gemacht werden: Zum einen wirft es ein anderes Licht auf die Effizienz fossiler Energien. Was wir vermeintlich als tote Materie, als leblose Ressource nutzen und achtlos, innerhalb kürzester Zeit verbrennen, ist eigentlich eine unvorstellbare Menge an konzentrierter, uralter Sonnenenergie, durch die über lange Zeit jene Biomasse und marine Lebensformen wachsen konnten, die heute fossile Brennstoffe genannt werden. Ein Bewusstsein dafür, was in Öl, Gas und Kohle eigentlich drinsteckt, macht deutlich wie sehr wir verbunden und abhängig von der Natur sind – selbst in unserem scheinbar davon entkoppelten und entfremdeten Lebensstil.

Was wir brauchen, um in eine zukunftsfähige Gesellschaft überzugehen ist eine Energiewende, die ja auch schon in aller Munde ist. Die gute Nachricht: Wir haben schon mehrere Energiewenden hinter uns gebracht! Die schlechte Nachricht (die eigentlich auch eine gute ist): Eine Veränderung des Energiesystems geht nicht ohne eine Anpassung der Gesellschaften. Ein weiter-wie-bisher nur mit Erneuerbaren wird es nicht geben.
Vor langer Zeit sind wir von einem prähistorischen Energiesystem, in dem wir sogenannte unkontrollierte Sonnenenergie genutzt haben (Beeren wurden dort gesammelt, wo sie wuchsen und Tiere dort erlegt, wo sie uns über den Weg liefen), in ein agrarisches Regime übergegangen, in dem wir zunehmend kontrollierte Sonnenenergie genutzt haben (Felder wurden aktiv bestellt und Tiere gezüchtet). Eine weitere Energiewende passierte mit dem Übergang in unser heutiges, industrialisiertes System, das auf fossilen Energien beruht (Sieferle, 2001)[1]. Jede dieser Wenden ging mit einem Adoptieren neuer Lebensweisen einher, genauso wie mit einem Zurücklassen gewohnter Lebensformen. Als Menschen sesshaft wurden, weil sie begannen Land zu bewirtschaften, verzichteten sie auf ihren nomadischen Lebensstil und nahmen ganz andere Dimensionen der Arbeitslast in Kauf. Als Globalisierung und Industrialisierung Einzug hielten, erlebten viele Menschen die Vor- und Nachteile vom Wachstum von Städten und Produktion, gleichzeitig verzichteten sie aber auch an vielen Stellen auf intakte Ökosysteme und nahmen in Kauf, dass sich gewohnte, vertraute Strukturen fundamental veränderten (Fischer-Kowalski and Erb, 2016; Sieferle, 2001).

Die uns bevorstehende Energiewende erfordert also einen großflächigen Ausstieg aus fossilen und eine Zuwendung zu erneuerbaren Energien. Worauf dürfen wir uns freuen? Und wovon verabschieden wir uns? Vielleicht freuen wir uns auf saubere Luft oder auf das Verschwinden von Autos aus der Stadt, wodurch Platz für Grünraum und Menschen entsteht, die in ihrer Stadt wieder Raum für Begegnung und zum Verweilen finden. Wir verabschieden uns auf jeden Fall von unserem derzeitigen, massiv hohen Energieverbrauch, der uns ohnehin in weiten Teilen nicht so glücklich macht, wie wir glauben. Vielleicht freuen wir uns stattdessen darauf unsere Verbundenheit mit der Natur neu zu erleben und ihr dankbar dafür zu sein, dass der Wind unsere Windräder dreht und der Fluss genug Wasser führt, um durch unsere Kraftwerke zu fließen. Und wer dann in Zukunft doch noch einmal an der Tankstelle steht, nimmt sich jedenfalls einen Moment Zeit, sich vorzustellen, wie viel Sonnenenergie, Plankton und Pflanzenmaterial in dem steckt, was gleich verbrannt und für immer verloren sein wird.

Wenn wir unser Energiesystem verändern, verändert sich auch unser gesellschaftliches System. Akzeptieren wir es. Freuen wir uns auf das, was kommt. Und vor allem- lasst uns die Veränderung aktiv mitgestalten!


Dukes, J. S. (2003). Burning buried sunshine: Human consumption of ancient solar energy.  Climatic Change, 6/(1-2), 31-44.

Fischer-Kowalski, M., Erb, K.-H., 2016. Core Concepts and Heuristics, in: Haberl, H., Fischer-Kowalski, M., Krausmann, F., Winiwarter, V. (Eds.), Social Ecology. Springer International Publishing, Cham, pp. 29–61. https://doi.org/10.1007/978-3-319-33326-7_2

Sieferle, R.P., 2001. The subterranean forest: energy systems and the Industrial Revolution. White Horse Press, Cambridge.

[1] Wir weisen darauf hin, dass Rolf Peter Sieferle heute wegen seines posthum, im neurechten Verlag Antaios veröffentlichten Schriftstücks Finis Germania (2017), in dem ihm rechtsradikale Ideologie und NS-Verklärung vorgeworfen wird, als umstrittene Persönlichkeit gilt.

 
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