Wenn man wirklich in Kontakt mit einem Stück Karotte kommt…

Kürzlich stieß ich auf dieses Zitat von Thích Nhất Hạnh, einem berühmten vietnamesischen buddhistischen Mönch und Friedensaktivisten:

"Wenn man wirklich in Kontakt mit einem Stück Karotte kommt, kommt man in Kontakt mit der Erde, dem Regen, dem Sonnenschein. Man kommt in Kontakt mit Mutter Erde, und wenn man auf diese Weise isst, fühlt man sich mit dem wahren Leben, mit seinen Wurzeln, in Berührung, und das ist Meditation. Wenn wir jeden Bissen unserer Nahrung auf diese Weise kauen, werden wir dankbar, und wenn man dankbar ist, ist man glücklich."

Dieses einfache, aber tiefgründige Zitat spricht Bände über die Bedeutung der Achtsamkeit in unserem täglichen Leben, gerade bei so etwas alltäglichem wie dem Essen. Es erinnert uns daran, dass wir nicht von der Welt um uns herum getrennt sind, sondern dass wir untrennbar mit ihr verbunden sind. Jedes Mal, wenn wir einen Bissen Nahrung zu uns nehmen, nehmen wir einen Teil der Erde zu uns. So können wir nur bestehen, weil die Erde mit all ihren Ökosystemen besteht. Sieht man das, entsteht auf natürliche Weise großer Respekt und große Dankbarkeit, sowie ein Gefühl tiefer Verbundenheit.

Wie können wir diese Idee also auf unser tägliches Leben anwenden? Der erste Schritt besteht darin, innezuhalten und darauf zu achten, was wir da eigentlich essen. Anstatt unsere Mahlzeiten gedankenlos hinunterzuschlingen, können wir uns die Zeit nehmen, jeden Bissen zu genießen und seinen Geschmack, seine Beschaffenheit und sein Aroma zu würdigen.

Verbundenheit

Auf diese Weise können wir beginnen, unser Essen als ein Geschenk des Planeten zu betrachten und den Prozess, der es auf unseren Teller gebracht hat, bewusster wahrzunehmen. Wir können an die Sonne denken, die die Energie für all das liefert, an das Wasser, das Leben auf unserem Planeten möglich macht. An die Erde, die aus organischem Material besteht, das sich seit Jahrmillionen immer wieder aus Tieren und Pflanzen bildet. Wir können an die Pflanzen denken, aus denen sich unser Essen zusammensetzt. An die Landwirt:innen, die das Gemüse angebaut haben, und an ihre Arbeit und ihren Einfallsreichtum. An die Logistik, die es auf unseren Teller gebracht hat und an alle, die daran beteiligt waren – und die natürlichen Bedingungen, die dies ermöglichten. Wir werden von einer unendlichen Vielzahl an natürlichen Prozessen ernährt. All das kann in der einfachen Präsenz unserer Nahrung enthalten sein.

Auf diese Weise werden wir uns unserer Verbundenheit mit allen Lebewesen bewusster und beginnen, uns als Teil eines größeren Ökosystems zu sehen. Unser Körper entsteht aus ihm und unsere Aktivität fließt wieder in es ein. Im stetigen Strom von Material in uns und aus uns, und durch unsere Aktivität, sind wir eine der temporären Manifestationen, aus denen das Ökosystem besteht. Durch diese Erkenntnis entstehen Wertschätzung und Dankbarkeit für all die Bedingungen, die uns möglich machen.

Dankbarkeit und Glück

Wenn wir dieses tiefere Gefühl der Dankbarkeit und des Respekts für die Welt um uns herum kultivieren, kultivieren wir auch Glück. Wenn wir für die Lebensmittel, die wir essen, dankbar sind, fühlen wir uns eher zufrieden mit dem, was wir haben, und sehen die Dinge weniger als selbstverständlich an. Dies wiederum kann (was auch durch zahlreiche psychologische Studien belegt ist) zu einer positiveren Lebenseinstellung, größerem allgemeinen Wohlbefinden, Vitalität und Selbstwirksamkeit führen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Thích Nhất Hạnhs Zitat über den Kontakt mit einem Stück Karotte uns daran erinnert, wie wichtig Achtsamkeit und Dankbarkeit in unserem täglichen Leben sind, selbst wenn es um etwas so scheinbar Alltägliches wie Essen geht. Indem wir innehalten und die Nahrung, die wir zu uns nehmen, wertschätzen, können wir uns stärker mit der Welt um uns herum verbinden und ein tieferes Gefühl von Glück und Wohlbefinden entwickeln.

Weiters werden wir uns unserer tatsächlichen Situation, in der wir aufs Tiefste verbunden sind, bewusster und können daher Entscheidungen treffen, die für uns und für den Planeten bessere Auswirkungen haben. So steigern Verbundenheit und Dankbarkeit unser eigenes Glück und Wohlbefinden und das der Welt, deren Teil wir sind.

Literatur

  • Emmons, Robert A., McCullough, Michael, E. (2003): Counting blessings versus burdens: An experimental investigation of Gratitude and Subjective Wellbeing in Daily Life, in: Journal of Personality and Social Psychology, 84(2)

  • Emmons, R. A., & McCullough, M. E. (Eds.). (2004). The psychology of gratitude. Oxford University Press.

  • McCullough, M. E., Emmons, R. A., & Tsang, J. A. (2002). The grateful disposition: a conceptual and empirical topography. Journal of personality and social psychology, 82(1), 112.

  • Wood, A. M., Froh, J. J., & Geraghty, A. W. (2010). Gratitude and well-being: A review and theoretical integration. Clinical psychology review, 30(7), 890-905.

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